Patienteninformationen

Diabetisches Fußsyndrom

Das diabetische Fußsyndrom (DFS), auch Diabetesfuß genannt, ist eine gefürchtete Spätkomplikation der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). In Deutschland leiden Schätzungen zu Folge bis zu zehn von 100 Diabetikern daran. Die Hauptursache für einen diabetischen Fuß ist ein jahrelang erhöhter Blutzucker. Durch den hohen Zucker sind die Blutgefäße und Nervenbahnen im gesamten Körper und vor allem im Fuß geschädigt. Dadurch nimmt die Schmerz- und Druckempfindlichkeit ab, was fatale Folgen hat, denn kleine Wunden oder andere Verletzungen am Fuß bleiben dann von Diabetikern lange unbemerkt. Das zentrale Merkmal des diabetischen Fußsyndroms, das reduzierte Schmerzempfinden, ist damit gleichzeitig auch das eigentliche Problem. Je nachdem, ob vor allem die Durchblutung des Fußes oder die Nerven geschädigt sind, unterscheidet man das neuropathische, ischämische oder gemischte DFS, bei dem beide Ursachen vorliegen.

Zum diabetischen Fußsyndrom zählen alle Verletzungen der Haut unterhalb des Knies, etwa Entzündungen der Haut, Geschwüre (Ulzerationen) oder andere Zerstörungen der Haut und Hautschichten. Im schlimmsten Fall ist eine Amputation des diabetischen Fußes nötig.

Häufig leiden vom Diabetischen Fußsyndrom Betroffene unter einer Erkrankung der Nerven, der sogenannten Polyneuropathie, die der Grund ist, warum Verletzungen am Fuß nicht wahrgenommen werden. Die Polyneuropathie selbst macht sich mit Missempfindungen wie Kribbeln, Wahrnehmungsstörungen der Temperatur und Schmerzen bemerkbar.

Die fehlende Wahrnehmung der Patienten ist ein wichtiger Faktor, der von Ärzten, Pflegekräften, Podologen, Orthopädieschuhmachern bis hin zur Familie und den Angehörigen mitbedacht werden muss. Dennoch gibt es verschiedene Anzeichen für den Diabetiker, die auf einen diabetischen Fuß hindeuten und dringend ärztlich abgeklärt werden sollten.

Darauf sollten Sie achten:

  • Zunehmend trockene Haut
  • Taubheit oder Kribbeln in den Füßen
  • Erhöhte Berührungsempfindlichkeit und stechende oder
  • brennende Schmerzen, insbesondere nachts
  • Krallenbildung an den Zehen
  • Vermehrte Hornhautbildung
  • Im akuten Fall Rötungen, Schwellungen und Überwärmung, häufig ohne Schmerzen

Je nachdem, ob die Ursache des diabetischen Fußes eine Einengung der Blutgefäße (ischämischer diabetischer Fuß) oder die Erkrankung der Neven ist (neuropathischer diabetischer Fuß), unterscheiden sich die Symptome noch einmal.

Neuropathischer diabetischer Fuß

  • Sensibilität der Hautnerven beeinträchtigt
  • Fehlstellungen des Fußes durch Muskelschwund, daher z. B. Krallenzehen
  • Vermehrt Hornhaut an Druckstellen
  • warm und rosig

Ischämischer diabetischer Fuß

  • Haut meist blass oder bläulich durch herabgesetzte Durchblutung
  • Haut fühlt sich oft kühl an
  • Puls der Fußarterien nicht mehr tastbar
  • krampfartige Schmerzen durch mangelnde Durchblutung besonders beim Gehen

Offene Wunden können sich leicht mit Bakterien infizieren. Oft befallen die Krankheitserreger im Verlauf auch das umliegende, gesunde Gewebe. Zehen und Fersen werden bei einem ischämischen diabetischen Fuß schlecht mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Verletzungen heilen besonders schlecht, sodass es schnell zu einem offenen Geschwür (Ulkus) kommt und das umliegende Gewebe sich entzündet oder abstirbt (Nekrose).

Bei Verdacht auf einen diabetischen Fuß sollte immer ein erfahrenes Zentrum für Diabetische Füße, etwa eine Diabetologie mit diabetischer Fußambulanz oder eine diabetische Fußambulanz einer Klinik, aufgesucht werden. Im Erstgespräch wird die Krankengeschichte näher betrachtet:

  • Seit wann besteht die Veränderung?
  • Wodurch ist es passiert?
  • Warum heilt die Wunde nicht?
  • Bestehen ein Kribbeln oder Taubheitsgefühle?
  • Welches Schuhwerk wird in der Regel getragen?

 

Körperliche Untersuchungsmethoden

Nach dem Erstgespräch untersucht der Arzt die Füße genauer. Diese erste Untersuchung umfasst unter anderem:

Palpation: Das Abtasten des Fußes gibt Hinweise, ob eine Durchblutungsstörung und/oder Nervenschädigung vorliegt. Ist die Haut normal bis überwärmt deutet dies auf eine Polyneuropathie, also eine Schädigung der Nerven, hin.

Stimmgabeltest: Hierbei wird untersucht, ob die Betroffenen die Vibrationen spüren.

Kalt-Warm-Test: Mit dieser Methode wird das Temperaturempfinden des Patienten überprüft. Dazu wird ein Kugelschreiber oder Stab an den Fuß des Patienten gelegt und zwischen warm (Plastik) und kalt (Metall) gewechselt, um zu erfahren, ob der Patient den Unterschied spürt.

Monofilament: Mit dieser Untersuchung wird die Hautempfindlichkeit überprüft. Dazu wird ein Kunststofffaden an die Fußsohle gedrückt und knickt dabei ab. Bei intakter Hautsensibilität nimmt der Patient die Druckwirkung deutlich wahr. Ist diese gemindert, spüren Patienten nichts.

Knöchel-Arm-Index: Der Knöchel-Arm-Index oder auch ankle brachial index (ABI) wird genutzt, um eine Durchblutungsstörung der Beine festzustellen. Dazu misst der Arzt den Blutdruck am Oberarm und oberhalb des Fußgelenks. Unterscheiden sich die Werte, liegt möglicherweise eine Durchblutungsstörung vor.

Duplex-Ultraschall: Der Ultraschall kann eventuelle Durchblutungsstörungen aufzeigen.

Wund-Dokumentation: Bei einer vorhandenen Wunde wird die Größe, Tiefe und der Ort beurteilt und dokumentiert. Die Wunde sollte immer auch mit einem Foto festgehalten werden.

Blutuntersuchung und Abstrich: Zu Beginn der Behandlung wird ein Abstrich aus der Wunde genommen und das Blut auf Entzündungswerte untersucht.

Klassifikation der Wunde nach Wagner und Armstrong

Um zu beschreiben, wie ausgeprägt eine Verletzung ist, nutzen Gefäßmediziner und Diabetologen die sogenannte Wagner-Armstrong-Klassifikation. Wagner beurteilte die Tiefe der Wunde, Armstrong definierte den Faktor der Infektion und Durchblutungsstörung (Ischämie). Mit Hilfe dieser Klassifikationen wird die Therapie des Fußes festgelegt. Zudem hilft sie bei der Besprechung von Befunden.

Die Behandlungsmaßnahmen hängen stark vom jeweiligen Wundstadium und dem Schaden des Fußes ab. Leitlinien legen fest, wie das Diabetische Fußsyndrom behandelt wird. Patientinnen und Patienten können die Leitlinien auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie oder der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) einsehen.

Alle Leitlinien entsprechen dem RIA Prinzip, das heißt:

R = Revascularisation

I = Infektion behandeln

A = Amputation

 

R = DURCHBLUTUNG VERBESSERN:

Liegt eine Durchblutungsstörung vor, können eine Katheterbehandlung oder eine Bypass-Operation am Bein notwendig sein, um diese zu beheben.

I = INFEKTION BEHANDELN:

Bei infizierten Wunden ist wichtig, dass die Behandlung mit keimtötenden Mitteln und ggf. Antibiotika erfolgt.

Bei der Behandlung ist wichtig, dass auch der Blutzucker gut eingestellt wird, damit die Gefäß- oder Nervenschädigung nicht weiter fortschreiten. Zu hoher Zucker schädigt nicht nur die Gefäße und Nerven, sondern verhindert auch die Wundheilung.

Druckentlastung: Die betroffene Stelle muss dringend vom Druck entlastet werden. Dazu werden spezielle Schuhe verschrieben. Die Lochtechnik mit Hilfe von Filzen entlastet die Wunde zusätzlich. Dazu wird unter den Fuß eine circa ein Zentimeter dicke Filzplatte geklebt und die Stelle der Wunde ausgeschnitten, um diese zu entlasten. Manchmal werden Orthesen (Schienen) eingesetzt, um den Druck (noch mehr) zu verringern. Aber auch Rollstühle oder sogar Bettruhe sind mögliche Mittel, um den Druck zu reduzieren.

Wundversorgung: Akute Wunden werden immer gereinigt und von totem Gewebe (Nekrosen) befreit. Die Wundversorgung erfolgt in der Regel in einem Fußzentrum oder durch die Wundmanager eines Krankenhauses, die in die Behandlung eingebunden werden.

A = AMPUTATIONEN BZW. OPERATION:

Operative Eingriffe können nötig sein, um die Ausbreitung einer Infektion zu verhindern. Sollte die Infektion zu weit vorangeschritten sein, kann eine Amputation nötig werden.

Je nach Ausmaß wird dann ein Zeh oder auch der komplette Fuß amputiert. Wichtig: Die Empfehlung zu einer Amputation sprechen Ärzte nie leichtfertig aus. Betroffene haben zudem immer Anspruch auf eine unabhängige Zweitmeinung. 

Die Anzahl der Fußamputationen in Deutschland sinkt. Hauptgründe dafür sind besser geschulte Patienten und zertifizierte Behandlergruppen sowie die Netzwerke rund um Diabetiker.

In Zahlen: Jedes Jahr gibt es in Deutschland knapp 39.000 Amputationen aufgrund eines DFS.

Um einem diabetischen Fußsyndrom (DFS) vorzubeugen, empfehlen wir Diabetikern die Teilnahme am Disease Management Programm (DMP) bei ihrem Hausarzt. Dieses strukturierte Behandlungsprogramm soll Betroffenen dabei helfen, die Erkrankung in den Griff zu bekommen und somit die Lebensqualität verbessern und erhalten. Neben dem Hausarzt sollte zur Prävention des DFS immer auch ein erfahrenes Zentrum einbezogen werden.

5 Tipps zur Erhaltung der Fußgesundheit

  1. Vorsorge: Menschen mit Diabetes mellitus sollten ihre Füße täglich selber und regelmäßig durch den Hausarzt (DMP Programm) sowie Diabetologen, Podologen oder Orthopädieschuhmacher kontrollieren lassen.
  2. Diabetes einstellen: Eine gute Stoffwechseleinstellung ist für die Wundheilung sehr wichtig. Die Blutzuckerwerte sollten regelmäßig kontrolliert werden. Ist der HbA1c (Langzeit-Blutzuckerwert) erhöht, sollte der Blutzucker neu eingestellt und die Therapie verändert werden.
  3. Gute Schuhe: Fußprobleme gehen häufig auf schlechtsitzendes Schuhwerk zurück. Bei einem Diabetes kann das schnell gefährlich werden. Diabetiker sollten auf spezielle Schuhe achten, die an den Füßen genug Platz bieten und keine Druckstellen, etwa durch Nähte aufweisen. Die Schuhe sollten die natürlichen Bewegungsmuster der Füße unterstützen. Bei der Wahl des richtigen Schuhwerks kann der orthopädische Schuhmacher helfen. In vielen Fällen werden den Betroffenen Diabetiker-Schutzschuhe mit einer speziellen Weichbettung verschrieben. Diese Schuhe fertigt ein Orthopädieschuhmacher an. Nach Erhalt kontrolliert und überprüft der Arzt oder die DFS-Ambulanz die Schuhe.
  4. Nicht Rauchen: Diabetes-Erkrankte sollten am besten mit dem Rauchen aufhören. Nikotin verengt die Blutgefäße, fördert Durchblutungsstörungen und potenziert die Gefahr eines DFS.
  5. Fußpflege: Die Fußpflege ist bei Menschen mit Diabetes besonders wichtig und sollte am besten jeden Tag erfolgen. Aber: Auf Metall, zum Beispiel Scheren oder Hornhauthobel, sollte unbedingt verzichtet werden, da die eigene Verletzungsgefahr an den Füßen viel zu groß wäre. Die eigentliche Fuß- und Nagelpflege gehört in die Hand des Podologen und kann bei Bedarf durch den Arzt verschrieben werden. Wer bei sich selbst oder dem betroffenen Partner bzw. der Partnerin Verletzungen oder Veränderungen an den Füßen feststellt, sollte dies sofort beim Hausarzt, Diabetologen beziehungsweise der Fußambulanz und Gefäßzentrum vorstellen.